Krankheitsbilder

Mitochondriopathien – Biochemie

Mit einer Gesamtprävalenz von 1:5000 bei Kindern und Erwachsenen zählen mitochondriale Erkrankungen zu den häufigsten hereditären Stoffwechselerkrankungen.

Mitochondrien sind von grundlegender Bedeutung für zahlreiche Stoffwechselvorgänge der eukaryoten Zelle. Neben der β-Oxidation der Fettsäuren und dem Zitratzyklus findet in ihnen vor allem die aerobe Reoxidation wasserstoffübertragender Coenzyme unter Bildung von Energie in Form von ATP, auch oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) genannt, statt. Diese erfolgt in der mitochondrialen Atmungskette, einem aus fünf Komponenten (Komplex I-V) sowie zwei kleinen Coenzymen, Coenzym Q10 und Cytochrom c, bestehenden Multienzymkomplex (Abbildung 1).  Über diesen Prozess wird der größte Teil des ATP einer Zelle produziert, weswegen Mitochondrien auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet werden.

Unter mitochondrialen Erkrankungen werden im allgemeinen Störungen der oxidativen Phosphorylierung verstanden; streng genommen umfasst der Begriff aber auch Störungen von Pyruvat-Oxidation, Fettstoffwechsel, Zitratzyklus und mitochondrialer Motilität.

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Mitochondrialer Energiestoffwechsel:    Mitochondrial kodierte Proteine sind grün dargestellt, nukleär kodierte Gene orange dargestellt

  

Mitochondriopathien – Erkrankungen zweier Genome  

Eine Besonderheit der Mitochondrien ist ihre duale genetische Kontrolle durch mitochondriale DNA (mtDNA) und nukleäre DNA (nDNA).

99% aller strukturellen und funktionellen Proteine des Mitochondriums sowie die meisten für Transkription, Translation und Replikation des mitochondrialen Genoms erforderlichen Proteine werden durch die nukleäre DNA (nDNA) kodiert. Nur 1% der Proteine ist in der mitochondrialen DNA (mtDNA) verschlüsselt. Jedes Mitochondrium enthält 5-15 ringförmige doppelsträngige Moleküle mtDNA von jeweils 16549 Basenpaaren, die für 37 Gene der mitochondrialen Atmungskette (22 tRNAs, 2 rRNAs, 13 Untereinheiten der Atmungskettenproteine) kodieren. Somit ist die mtDNA im Vergleich zur nukleären DNA (nDNA) sehr klein, jedoch für das Funktionieren der Atmungskette essentiell.Da jedes Mitochondrium nicht nur 2, sondern mehrere (bis 10) Kopien mtDNA und jede Zelle eine große Zahl Mitochondrien enthält, findet man in jeder Zelle mehrere hundert oder gar tausend Allele mtDNA – im Gegensatz zu nukleären Genen mit nur zwei Allelen pro Zelle. Eine Mutation der mtDNA betrifft nun im allgemeinen nicht alle, sondern nur einen bestimmten Prozentsatz der mitochondrialen Allele, so dass die betroffene Zelle dann zwei Populationen mtDNA aufweist – eine Wildtyp (normale) und eine mutierte. Dieser Zustand wird als Heteroplasmie bezeichnet. Zur Auf-rechterhaltung der mitochondrialen Funktionen reichen ca. 10% Wildtyp-DNA aus, so dass erst nach Unterschreiten dieser (gewebespezifischen und variablen!) Schwelle klinische Symptome auftreten. Bei einer kleinen Zahl von Mitochondriopathien (z.B. LHON) liegt die mtDNA-Mutation homoplasmatisch vor, d.h. alle mtDNA-Moleküle sind mutiert.

Die Replikation der Mitochondrien erfolgt unabhängig von der Mitose, so dass bei der Mitose die Mitochondrien zufällig auf die Tochterzellen verteilt werden (replikative Segregation), d.h. der Anteil an mutierter und an Wildtyp-DNA ist in den Tochterzellen variabel und nicht vorhersagbar, was zu einer extrem hohen Variabilität des Phänotyps auch innerhalb einer Familie führt.

Ein weiteres Merkmal mitochondrialer Erkrankungen ist die maternale Vererbung. Sie beruht darauf, dass alle paternalen Mitochondrien bei der Bildung der Zygote mit einem Ubiquitinmarker versehen und abgebaut werden.

Im Gegensatz zum nukleären Genom ist das mitochondriale Genom hochpolymorph und kann auf Grundlage dieser Polymorphismen in mehrere Haplogruppen eingeteilt werden. Die einzelnen mitochondrialen Haplogruppen sind durch eine bestimmte Konstellation von SNP (single nucleotide polymorphism) definiert und spezifisch für bestimmte ethnische Gruppen. Die mtDNA der meisten Europäer gehört beispielsweise zu einem der neun Haplotypen H, I, J, K, T, U, V, W, X. Die haplotypspezifischen Polymorphismen führen oft auch zu Aminosäureveränderungen in kodierenden Genen und sind daher keineswegs immer neutral, sondern wirken sich auch funktionell aus. So ist z.B. die Haplogruppe J mit einer höheren Lebenserwartung assoziiert und findet sich überdurchschnittlich häufig bei Hundertjährigen. 

Die nukleär kodierten Mitochondriopathien verhalten sich genetisch wie andere hereditäre Erkrankungen mit autosomal-dominantem, X-chromosomalem oder autosomal-rezessivem Erbgang.

 

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Mitochondriale DNA:    Graue Ovale: tRNAs; Blaue Linie: Common deletion

 

Mitochondriopathien – Klassifikation

 Ausgehend von der dualen genetischen Kontrolle der Mitochondrien klassifiziert man Mitochondriopathien nach Defekten der mtDNA und der nDNA. Eine molekulare Diagnostik ist daher nicht zuletzt für die humangenetische Beratung unerlässlich. 

Die mtDNA-Erkrankungen stellen die „klassischen Mitochondriopathien“ dar und werden in zwei Gruppen eingeteilt (Tabelle1): 

1.  Mutationen in tRNA-Genen (MELAS, MERRF, NARP), bis auf wenige Ausnahmen heteroplasmatisch
2.  Mutationen in proteinkodierenden Genen (LHON, Leigh), häufig homoplasmatisch. 

 

Die nukleären Mitochondriopathien werden in sechs Gruppen eingeteilt (Tabelle 1): 

1.        Mutationen in proteinkodierenden Atmungskettengenen (meist Komplex I)
2.        Mutationen in Genen, die für die intramitochondriale Assemblierung der einzelnen Proteinunterheiten wichtig sind 
       
(meist Komplex IV)
3.        Störungen der intergenomischen Kommunikation (Bereitstellung von Nukleotiden durch den Zellkern, mitochondriale 
        DNA-Synthese)
4.        Störungen des Lipidmilieus der Mitochondrienmembran (gestörte Verankerung der membranständigen 
        Atmungskettenproteine)
5.        Störung der mitochondrialen Dynamik (Fusion, Teilung, Transport von Mitochondrien)
6.     Störungen der mitochondrialen Detoxifikation (z.B. EMA-Enzephalopathie)

 

Tabelle1: Klassifikation mitochondrialer Erkrankungen

 

  Mutationstyp Mutation Krankheitsbild Symptome

 

 

Mitochondriale DNA-

Mutationen
mitochon-drialer Gene
Mitochondriale Proteinsynthese
in toto
Deletion CPEO Ptosis, externe Ophthalmoplegie 

 

 

KSS CPEO, Retinitis pigmentosa, Reiz-leitungsstörungen 

 

 

Pearson-Syndrom Anämie, Malabsorption, Kleinwuchs 

 

 

tRNA-Punktmutationen MELAS Schlaganfälle, Laktatazidose 

 

 

MERRF Myoklonusepilepsie
ragged red fibers 

 

 

Multisystem-Myopathien Myopathie, multiple Organsymptome

 

 

  Proteinkodierende Gene der Atmungskette ND Gene LHON schmerzloser Visusverlust 

 

 

MELAS Schlaganfälle, Laktatazidose 

 

 

Leigh-Syndrom Nekrotisierende Enzephalopathie,
Epilepsie, Atem-störungen 

 

 

Cytochrom b Multisystemische Myopathie  Myopathie 

 

 

ATPase 6 NARP Neuropathie, Ataxie und Retinitis pigmentosa 

 

 

Leigh Frühkindliche Hypotonie, Ataxie, Enzephalopathie, Hypoventilation

 

 

Nukleäre DNA-Mutationen mitochondrialer Gene proteinkodierende Gene der Atmungskette Nukleäre Untereinheiten der Atmungs-ketten-Proteine Leigh-Syndrom s. oben

 

 

Hereditäres Paragangliom Paragangliom

 

 

  Proteinassemblierung SURF-1, SCO-2 Leigh-Syndrom s. oben  

 

 

  Intergenomische Kommunikation

Thymidinkinase  




POLG

 

POLG, Twinkle

MNGIE Myopathie, Neuro-pathie, gastroin-testinale Pseudo-obstruktion

 

 

Alpers Syndrom Neurodegeneration, Beginn im Kindes-alter, Leberinsuf-fizienz, Epilepsie 

 

 

AD/AR-PEO s. oben

 

 

  Störung des Lipidmilieus Cardiolipin Barth-Syndrom Herzinsuffizienz,
rezidivierende Infektionen 

 

 

  Mitochondriale Fusion, Teilung
und Transport
Mitofusin-2
OPA-1
CMT2a
aut.-dominante Optikusatrophie
Axonale Neuropathie
nicht-syndromale Optikusatrophie

 

 

KIF-5a Hereditäre spastische Paraplegie Spastische Paraplegie

 

  

Mitochondriopathien – Diagnostik

 

Mitochondriopathien manifestieren sich klinisch entweder in Form eines „klassischen Phänotyps“ (CPEO, MELAS, MERRF, etc.) oder als unscharf definierte Multisystemerkrankung (meist im Kindesalter). Typische allgemeine Merkmale von Mitochondriopathien sind:  

maternale Vererbung (bei Mutationen der mtDNA)
hohe Variabilität des Phänotyps selbst bei identischer Mutation
Multiorganbefall mit Bevorzugung energieintensiver Organe (ZNS, Muskel, Niere, Innenohr, Leber, Sehnerv)
Erstmanifestation in jedem Lebensalter möglich
gewebsspezifische Expression des Defekts bei Mutationen der mtDNA (molekulargenetischer Nachweis daher oft nur im 
   betroffenen Gewebe und z.B. nicht im Blut möglich)
 

Weitere wegweisende Befunde ergeben sich aus der apparativen Zusatzdiagnostik:  
cMRT (Basalganglienverkalkungen, stroke-like episodes, Hirnstammnekrosen) 
 Metaboliten des Intermediärstoffwechsels (Laktat, Pyruvat, Ketonkörper, Zitratzyklusintermediaten) in Blut, Urin oder Liquor
  aerober Belastungstest (exzessiver Anstieg bzw. verzögerter Abfall des Plasma-Laktats nach Belastung unterhalb der
    anaeroben Schwelle)
  

Bei Ausbildung eines der klassischen klinischen Phänotypen (z. B. CPEO, MELAS, MERRF, LHON) ist die Verdachtsdiagnose eines mitochondrialen Syndroms einfach – in diesen Fällen sollte die molekulargenetische Sicherung unter Umgehung einer Muskelbiopsie der nächste diagnostische Schritt sein.  

Bei unklarem klinischem Bild (z. B. in Frühstadien oder bei oligosymptomatischen Verläufen) ist eine Muskelbiopsie mit morphologischer, biochemischer und molekulargenetischer Aufarbeitung jedoch oft unumgänglich. Die molekulargenetische Diagnostik kann aus lymphozytärer oder in vielen Fällen günstiger aus muskulärer DNA erfolgen.

In der Muskelbiopsie ist die Darstellung typischer „mitochondrialer“ Veränderungen (ragged-red fibers (RRF), COX-negative Fasern) ein starker Hinweis auf eine Mitochondriopathie. RRF entstehen durch abnorme Vermehrung und subsarkolemmale Akkumulation der Mitochondrien, die sich in einer speziellen histochemischen Färbung (Trichrom-Gomori) charakteristisch rot darstellen und der Muskelfaser ein irreguläres („zerrissenes“) Aussehen verleihen. Als Folge des Defekts der mitochondrialen Atmungskette weisen einige Fasern einen Mangel des Atmungskettenenzyms Cytochrom-c Oxidase auf (COX-negative Fasern).  

Klinisch definierte Syndrome können meist durch verschiedene Mutationen der mitochondrialen DNA bzw. der nukleären DNA ausgelöst werden, was unterschiedliche Vererbungsmuster (maternal, autosomal-dominant und –rezessiv), trotz gleichen Phänotyps, nach sich zieht und für die genetische Beratung von Bedeutung ist. Andererseits kann dieselbe Punktmutation in der mitochondrialen DNA zu verschiedenen klinischen Syndromen führen.  

 

Mitochondriopathien infolge von Mutationen der
mitochondrialen DNA
 

Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (LHON)
Klinik:
Charakteristisch ist ein episodischer schmerzloser Visusverlust, hervorgerufen durch Degeneration retinaler Ganglienzellen und ihrer Axone. Die Symptomatik beginnt häufig akut oder subakut auf einem Auge und betrifft initial die zentralen Gesichtsfelder. Im Verlauf von Wochen bis Monaten folgt in den meisten Fällen das zweite Auge. Eine zumindest teilweise Regeneration des Visus ist abhängig von der zugrunde liegenden Mutation möglich, tritt jedoch in der Mehrzahl der Fälle nicht ein. Betroffen sind meist junge Männer. In einigen Fällen wurden zusätzliche Symptome wie Tremor, Dystonien oder periphere Neuropathien beschrieben.
Genetik:
Die Erkrankung wird in der Regel maternal vererbt, es treten jedoch auch sporadische Fälle auf. Ursächlich sind Punktmutationen der mtDNA, die meist homoplasmatisch (d. h. nur mutierte DNA nachweisbar) vorliegen. Der Nachweis der Mutation gelingt im allgemeinen im Blut. Die drei häufigsten Mutationen sind Punktmutationen in mitochondrial kodierten Untereinheiten von Komplex I (ND1, ND4, ND6) (G11778A, G3460A, und T14484C) und machen zusammengenommen 93% aller Fälle von LHON aus. Die Mutation T14484C ist mit einer besseren Prognose und teilweise Visusverbesserung assoziiert. Die Penetranz der Mutationen ist variabel. Bei Männern kommt es häufiger zur Manifestation von Symptomen (ca. 50%) bei als bei Frauen, verantwortlich sind hierfür möglicherweise Modifier-Gene auf dem X-Chromoso. Darüber hinaus konnten eine Vielzahl von Polymorphismen der mitochondrialen DNA identifiziert werden, welche die Expression beeinflussen.
Diagnostik:
Die molekulargenetische Diagnostik sollte zunächst aus Blut erfolgen und die oben beschriebenen häufigsten Mutationen umfassen. Weitere mitochondriale Optikusneuropathien beruhen auf Mutationen in den nukleären Genen POLG und OPA-1. Bei fehlendem Mutationsnachweis sind andere Ätiologien zu berücksichtigen und eine entsprechende Abklärung sollte mittels Labordiagnostik, Liquor, cMRT, VEP und ophthalmologischem Konsil erfolgen.
Therapie:
Aus epidemiologischen Untersuchungen ist eine erhöhte Inzidenz von LHON bei Rauchern bekannt. Strikte Nikotinkarenz und eine Reduktion des Alkoholkonsums sind anzurate. Gegenwärtig werden Patienten für eine Studie zur Wirksamkeit von Idebenon, einem Coenzym Q Abkömmling, rekrutiert (Registrierung unter www.lhon.de).

Chronisch progressive externe Ophthalmoplegie (CPEO)
Klinik:
Die CPEO ist eine häufige mitochondriale Erkrankung des Erwachsenenalters. Der Erkrankungsbeginn liegt zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. Erstes Symptom ist häufig eine bilaterale Ptosis, im weiteren Verlauf kommt es zu einer langsam progredienten Lähmung der externen Augenmuskeln, Doppelbilder treten in etwa 25% der Fälle auf. Bei der CPEO-plus finden sich weitere Organmanifestationen (faziale und pharyngeale Muskulatur mit Dysphagie, kardiale Reizleitungsstörungen, endokrine Störungen, Diabetes, Minderwuchs, verzögerte Pubertät, Innenohrschwerhörigkeit, axonale Polyneuropathie, neuropsychologische Defizite, Demenz, Retinitis pigmentosa, zerebelläre Ataxie).
Genetik:
Der genetische Hintergrund der CPEO bzw. CPEO-plus ist vielgestaltig. Bei einfachen Deletionen bzw. Duplikationen der mtDNA liegen meist sporadische Fälle vor. Ursächlich können ebenfalls Punktmutationen der mtDNA sein, am häufigsten an Position 3243 (A3243G). Auch Mutationen nukleär kodierter mitochondrialer Gene mit dann autosomal-dominantem (AD) oder rezessivem (AR) Erbgang können zu einer CPEO bzw. CPEO-plus führen (z.B. ANT1, Twinkle, POLG).
Diagnostik:
Differentialdiagnostisch zu berücksichtigen sind insbesondere  Myasthenia gravis, okulopharyngeale Muskeldystrophie und Schilddrüsenerkrankungen. Die molekulargenetische Diagnostik sollte sich am vorliegenden Vererbungsmuster orientieren:Bei sporadischem Auftreten ist eine Muskelbiopsie mit histochemischer und molekulargenetischer Aufarbeitung muskulärer DNA erforderlich. In diesen Fällen liegen oftmals Deletionen der mtDNA vor, die in rasch replizierendem Gewebe wie Blut meist nicht ausreichend stark exprimiert werden und daher nur in muskulärer DNA nachweisbar sind. Bei Fehlen von Deletionen sollten die mitochondrialen tRNA Gene untersucht werden. Bei Nachweis multipler Deletionen sollten die nukleären Gene POLG, bei diesbezüglich negativem Befund und positiver Familienanamnese ggf. auch Twinkle oder ANT1, sequenziert werden. Bei maternalem Erbgang sind die mitochondrialen tRNA-Gene vorrangige Kandidatengene. Die Analyse der nukleär kodierten mitochondrialen Gene gelingt auch aus Leukozyten-DNA.
Therapie:
Von augenärztlicher Seite sind Ptosisoperationen und bei Doppelbildern die Verordnung von Prismengläsern hilfreich. Die meisten Patienten nehmen  Coenzym Q10 ein, auch wenn hierzu derzeit keine evidenzbasierten Studien vorliegen.
  

 

Kearns-Sayre-Syndrom (KSS)
Klinik:
Das Kearns-Sayre-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine CPEO-plus, eine Pigmentdegeneration der Retina und kardiale Blockbilder. Zusätzlich sollte eine zerebelläre Ataxie oder eine Liquoreiweißerhöhung von mindestens 100 mg/dl bestehen. Im Schädel MRT können Signalanhebungen im subkortikalen Marklager, Thalamus, Globus pallidus und Hirnstamm vorliegen. Die Erstmanifestation liegt definitionsgemäß vor dem 20. Lebensjahr.
Genetik:
Das KSS tritt üblicherweise sporadisch auf. In den meisten Fällen liegt eine Deletion der mtDNA vor.
Diagnostik:
Aufgrund des Multiorganbefalls gelingt beim KSS häufig der genetische Nachweis bereits aus lymphozytärer DNA, ansonsten ist auch hier eine Muskelbiopsie erforderlich. Zur differentialdiagnostischen Abklärung sind die Durchführung eines Schädel-MRT und eine ophthalmologische Mitbetreuung zu empfehlen.
Therapie:
Die Therapieansätze sind wie bei der CPEO symptomatisch. Besondere Bedeutung kommt der Früherkennung möglicher Begleiterkrankungen wie bspw. von kardialen Reizleitungsstörungen und Diabetes mellitus zu.          

 

 

Mitochondriale Enzephalomyopathie, Laktatazidose und schlaganfallähnliche Episoden (MELAS)
Klinik:
Das MELAS-Syndrom ist die zweithäufigste Erkrankung aufgrund von Mutationen im mitochondrialen Genom. Die phänotypische Variabilität ist sehr groß. Für den Neurologen im Vordergrund stehen die „stroke-like episodes“, die durch episodische fokale neurologische Ausfälle gekennzeichnet sind, welche sich oft über mehrere Tage progredient entwickeln und zum Teil reversibel sind. Weitere Symptome sind migräneartige Kopfschmerzen, beidseitige Innenohrschwerhörigkeit, Epilepsie und zerebelläre Ataxie. Eine proximale Myopathie ist als muskuläre Manifestation möglich. Zu den nicht-neurologischen Manifestationen zählen Diabetes mellitus, Kardiomyopathie und Minderwuchs. Trotz ihrer Einbeziehung in das Akronym MELAS ist eine Laktatazidose nicht immer beim MELAS-Syndrom vorhanden. Eine Muskelbiopsie zeigt häufig, aber nicht immer, ragged-red fibers. Radiologisch finden sich Basalganglienverkalkungen und eine Hirnatrophie. Diffusionsstörungen im DWI-MRT als morphologisches Korrelat der „stroke-like episodes“ folgen oft nicht den üblichen Gefäßterritorien bei Schlaganfällen. Vorzugsweise, aber nicht zwingend, sind sie in parietookzipitalen Hirnarealen zu finden. Die Erkrankung manifestiert sich meist bereits im Kindes- oder Jugendalter. Häufige Frühsymptome sind dann Innenohrschwerhörigkeit, Diabetes mellitus und Minderwuchs. Der Krankheitsverlauf ist sehr variabel und reicht vom oligosymptomatischen Phänotyp ohne größere Beeinträchtigungen im Alltag bis zu schweren Verläufen mit Demenz und Tod im mittleren Erwachsenenalter.
Genetik.
Etwa 80% der Fälle werden durch eine mitochondriale Punktmutation im tRNA(Leu)-Gen an Position 3243 (A3243G) verursacht. Weitere 7-15% der Fälle sind auf die Punktmutation T3271C zurückzuführen. In den übrigen Fällen liegen andere mitochondriale tRNA oder POLG Mutationen vor.
Diagnostik:
Bei systemischer Symptomatik oder ZNS-Befunden sollte primär im Blut nach der häufigen A3243G-Mutation der mtDNA gefahndet werden. Bei negativem Ergebnis und anhaltendem Verdacht auf das Vorliegen einer mitochondrialen Erkrankung ist eine Muskelbiopsie indiziert, da in der Regel die Mutationslast im Muskel größer und deswegen die Detektion einer Mutation im Muskel wahrscheinlicher ist. Weitere diagnostische Maßnahmen sind die Bestimmung von Laktat in Ruhe und Belastung, immunhistochemische Färbungen im Muskelgewebe und cCT bzw. cMRT.
Therapie:

Zusätzlich zu den erwähnten Allgemeinmaßnahmen bei Mitochondriopathien führt die Gabe von L-Arginin zu einer Minderung der Schwere schlaganfallähnlicher Episoden. Die Anwendung von Dichloroacetat bei schwerer Laktatazidose wird kontrovers diskutiert.

 

 

Myoklonusepilepsie mit ragged-red fibres (MERRF)
Klinik:
Neben einer Myoklonusepilepsie mit generalisierten und fokalen Anfällen sind eine zerebelläre Ataxie,  eine Polyneuropathie und eine proximale Myopathie charakteristisch. Innenohrschwerhörigkeit, Minderwuchs, Demenz und Optikusatrophie kommen ebenfalls vor. In der Muskelbiopsie findet man beim klassischen Syndrom reichlich red-ragged fibers. Daneben sind aber auch Overlap-Syndrome, vor allem mit dem MELAS-Syndrom, möglich.
Genetik:
Die häufigsten mitochondrialen Punktmutationen sind A8344G (80% der Fälle), 8356T>C, 8363G>A und 8361G>A. Selten liegen nukleäre Mutationen (z.B. POLG) vor. MERRF/MELAS-Overlap-Syndrome weisen oft die mitochondriale Punktmutation G12147A auf.
Diagnostik:
Bei klinischem Verdacht ist die molekulargenetische Diagnostik aus Blut in den meisten Fällen möglich. Der Nachweis der namensgebenden ragged-red fibers durch eine Muskelbiopsie ist eine weitere diagnostische Option, jedoch nicht beweisend für ein MERRF-Syndrom.
Therapie:
Bei der Therapie der Epilepsie sollte auf Valproat verzichtet werden. Positive Ergebnisse liegen z.B. für die Behandlung mit Levetiracetam vor. Alternativen sind Carbamazepin, Oxcarbazepin oder Gabapentin.

 

Neuropathie, Ataxie und Retinitis pigmentosa (NARP) und Leigh-Syndrom
Klinik:
Das NARP-Syndrom ist sehr selten und durch eine axonale Neuropathie, zerebelläre Ataxie und eine Retinitis pigmentosa charakterisiert. Weitere mögliche Symptome sind psychomotorische Retardierung, Kardiomyopathie, Epilepsie, kognitive Einbußen, Demenz, pyramidale und extrapyramidale Zeichen sowie eine proximale Muskelschwäche. Im Schädel-MRT lässt sich manchmal eine Kleinhirnatrophie nachweisen. Das Leigh-Syndrom, welches durch dieselbe Punktmutation der mtDNA ausgelöst  werden kann, ist eine Erkrankung des frühen Kindesalters mit tödlichem Verlauf. Klinisch zeigen sich beim Leigh-Syndrom Entwicklungsverzögerung, respiratorische Insuffizienz (perinatale Asphyxie), Ataxie, generalisierte Muskelschwäche („floppy infant“) und Laktatazidose. Typischerweise treten Nekrosen in Hirnstamm, Kleinhirn und Basalganglien auf, die zu charakteristischen MRT-Veränderungen führen.
Genetik:
Am häufigsten findet sich die mtDNA-Punktmutation T8993G/C. Es besteht eine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation. Eine Mutationslast unter 70% bleibt asymptomatisch, bei 70-90% Mutationslast manifestiert sich NARP, Mutationslasten >90% führen zum Leigh-Syndrom. 
Diagnostik:
Bei klinischem Verdacht empfiehlt sich die molekulargenetische Diagnostik aus EDTA-Blut. Die Muskelbiopsie ist im Gegensatz zu anderen Mitochondriopathien häufig unauffällig.
Therapie:
Bei neuropathischen Schmerzen oder epileptischen Anfällen werden Gabapentin, Carbamazepin, Pregabalin und Oxcarbazepin empfohlen. Bei Dystonie sind Tetrabenazin, Gabapentin und Botulinumtoxin möglich.

 

Mitochondriopathien infolge von Mutationen der nukleären DNA 

 1. Defekte von Untereineinheiten der Atmungskette
Erkrankungen aus dieser Untergruppe betreffen vorwiegend Untereinheiten von Komplex I (Gene NDUFS1 bis 4). Klinisch manifestieren sich die Defekte bereits im Kindesalter als Multisystemerkrankung mit Enzephalopathie oder Leigh-Syndrom (siehe Kapitel NARP und Leigh Syndrom).

Defekte von Komplex II sind sehr selten und äußern sich klinisch als Leigh-Syndrom oder neurodegenerative Erkrankung mit Optikusatrophie, Ataxie und proximaler Myopathie. Das hereditäre Paragangliom beruht ebenfalls auf Mutationen von Komplex II (Succinatdehydrogenase).

 

 2. Störungen der Proteinassemblierung
Defekte in Proteinen, die für die organisierte Aggregation (Assemblierung) von nukleären und mitochondrialen Untereinheiten von Atmungskettenenzymen wichtig sind, führen ebenfalls zu mitochondrialen Funktionsstörungen. Bekanntestes Beispiel sind Mutationen im SURF-1 Protein, welches die Assemblierung der Cytochrom-C Oxidase (COX) steuert. Das Fehlen von SURF-1 Protein hat eine Verminderung von COX (Komplex IV der Atmungskette) zur Folge. Klinisch liegen meist Multisystemerkrankungen mit oder ohne Myopathie vor, am häufigsten ein Leigh-Syndrom.

 

 3. Störungen der intergenomischen Kommunikation
Defekte der intergenomischen Kommunikation stellen die zur Zeit größte Gruppe nukleär kodierter Mitochondriopathien. Bei diesen Defekten sind Proteine betroffen, die für die mitochondriale DNA-Synthese von Bedeutung sind. Dies kann entweder die Bereitstellung von Nukleotiden betreffen oder Enyzme, die an der mtDNA-Synthese selbst beteiligt sind. Als Konsequenz der gestörten Synthese der mtDNA kommt es typischerweise zur Akkumulation von multiplen Deletionen, Punktmutationen und Depletion der mtDNA.

Mitochondriale neurogastrointestinale Enzephalomyopathie (MNGIE)
Klinik:
Das MNGIE-Syndrom ist als Multiorganerkrankung gekennzeichnet durch gastrointestinale Motilitätstörungen, Kachexie, Ptosis, externe Ophthalmoplegie, periphere Neuropathie und Leukenzephalopathie. Die Erkrankung manifestiert sich vor dem 20. Lebensjahr, mit einer Varianz von 5 Monaten bis 43 Jahren. In etwa der Hälfte der Fälle ist die initiale Manifestation gastrointestinal. Die gastrointestinalen Symptome sind auch im weiteren Verlauf oft führend und umfassen Dysphagie, Diarrhoe, Pseudoobstruktionen, Gastroparese und Divertikulose, gelegentlich auch Leberfunktionsstörungen.
Genetik:
Ursächlich sind nukleäre Mutationen im Thymidinphosphorylase (TP) Gen. TP ist ein extramitochondriales Enzym und phosphoryliert Thymidin zu Thymin und Desoxyribose-1 Phosphat. Bei MNGIE Patienten ist die Enzymaktivität der TP deutlich reduziert, was zu einer Imbalance zwischen dem intra- und extramitochondrialen Nukleotidpool führt. Da die intramitochondrialen Nukleotide die Bausteine der mtDNA sind, kommt es zu Störungen der mtDNA Synthese mit multiplen Deletionen, Punktmutationen bzw. Depletion der mtDNA. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv. Es wurden bisher mehr als 30 verschiedene Mutationen nachgewiesen.
Diagnostik:
Von diagnostischer Bedeutung sind neben der klinischen Konstellation und dem Nachweis einer Laktatazidose eine verminderte TP-Aktivität in Leukozyten und erhöhte Plasmathymidin-Spiegel.
Therapie:
Im Gegensatz zu anderen mitochondrialen Erkrankungen sollte beim MNGIE-Syndrom eine kausale Therapie durch Reduktion der Thymidinspiegel und somit Korrektur der Imbalance zwischen intra- und extramitochondrialem Nukleotidpool theoretisch möglich sein. Dies kann mittels Hämodialyse oder Transfusion von Fremdthrombozyten mit normaler TP-Aktivität geschehen. Bisherige derartige Behandlungen einzelner Patienten konnten zwar die Thymidinspiegel drastisch senken, aufgrund der zeitlich begrenzten Therapie waren aber keine relevanten klinischen Effekte erkennbar. Darüber hinaus gibt es ebenfalls Einzelfallberichte zur Effektivität einer Stammzelltransplantation.

Polymerase- Gamma (POLG)
Die häufigsten nukleär kodierten Mitochondriopathien beruhen auf Mutationen im POLG-Gen.
Klinik:
Erste klinische Symptome von POLG-Mutationen können bereits kurz nach der Geburt oder erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter auftreten. Neben den aufgeführten Manifestationen können auch klinisch definierte Syndrome (z. B. CPEO) auf eine POLG Mutation zurückzuführen sein. Besonders charakteristisch für einen POLG-Mangel sind das SCAE-Syndrom (Neuropathie, spinocerebelläre Ataxie, Epilepsie), das Alpers-Syndrom (Beginn im Kleinkindesalter, Neurodegeneration, psychomotorische Regression, Epilepsie, Myopathie, Hepathopathie) und das SANDO-Syndrom (Sensible ataktische Neuropathie,  Dysarthrie, Ophthalmoparese).
Die durch einen POLG-Mangel hervorgerufene Epilepsie ist gekennzeichnet durch okzipitale Anfälle (z. B. Minuten bis Monate anhaltendes „Flackersehen“, iktaler Visusverlust). Möglich sind außerdem bizarre motorische Entäußerungen, die an Frontallappenanfälle denken lassen. Eine Entwicklung zum Status epilepticus ist nicht selten. Die Gabe von Valproat führte bei einer Reihe von Patienten zu einem letalen Leberversagen und ist daher absolut kontraindiziert. POLG-Mutationen umfassen somit ein weites klinisches Spektrum, von schwersten, letalen Krankheitsverläufen im Säuglingsalter bis hin zu oligosymptomatischen Formen mit Ptosis im Erwachsenenalter als einzigem Symptom.
Genetik:
Die Polymerase-Gamma ist ein nukleär kodiertes mitochondriales Enzym und ist die einzige mitochondriale DNA-Polymerase und somit für die Replikation der mtDNA essentiell. Sie besteht aus zwei Untereinheiten (POLG1 und POLG2), wird aus dem Zytoplasma der Zelle ins Mitochondrium importiert und repliziert dort die mtDNA. Derzeit sind über 90 verschiedene Mutationen im POLG-Gen bekannt. Die häufigste POLG-Mutation, p.A467T (bezeichnet den Aminosäureaustausch), ist assoziiert mit dem Alpers-Syndrom, der autosomal-rezessiven PEO und „Ataxie-Neuropathie-Syndromen“. Der Nachweis von POLG Mutationen erfolgt in der Regel aus lymphozytärer DNA durch direkte Sequenzierung des POLG-Gens. In der mitochondrialen DNA finden sich multiple Deletionen oder eine Depletion (z. B. beim Alpers-Syndrom). Mögliche Vererbungsmuster sind autosomal-dominant (PEO) oder autosomal-rezessiv  (PEO, SANDO, MIRAS, Alpers- Syndrom).

Therapie:
Die Therapie von Erkrankungen durch POLG-Mutationen ist symptomatisch orientiert. Auf Valproat sollte bei der Behandlung von Epilepsien unbedingt verzichtet werden. Bei der genetischen Beratung sind die nukleäre Kodierung und damit autosomal-dominante und rezessive Vererbungsmuster zu berücksichtigen.

 

 Klinische Manifestationen von POLG-Mutationen

 

Psychiatrisch Demenz, Depression, Psychose
Epilepsie Myoklonus, fokale und generalisierte Anfälle (meist okzipital), Status epilepticus
Extrapyramidales System Parkinsonsyndrom, Chorea
Kleinhirn Ataxie
„cerebrovaskulär“ Migräne, stroke-like-episodes
Sensorium Innenohrschwerhörigkeit, Retinopathie, Katarakt
Muskel Ptosis, externe Ophthtalmoplegie, proximale Myopathie, Belastungsintoleranz
Peripheres Nervensystem ,Axonale senso(motorische) Neuropathie
Endokrines System Diabetes, ovarielle/ testikuläre Insuffizienz
Gastrointestinales System Leberversagen (Cave Valproat), gastrointestinale Motilitätsstörung
Kardial Kardiomyopathie

 

 

 

Twinkle

Twinkle ist eine Helicase, die die doppelsträngige mtDNA während der Replikation entwindet. Mutationen im Twinkle Gen sind hauptsächlich assoziiert mit autosomal-dominant vererbter PEO.

 

ANT 1

ANT 1 ist ein Adeninnukleotid Translokator an der inneren Mitochondrienmembran. ANT 1 befördert ATP (im Austausch mit ADP) nach „extramitochondrial“. Die bisher identifizierten Mutationen sind mit sporadischer oder autosomal-dominanter PEO assoziiert.

DGUOK
Desoxyguanosin-Kinase phosphoryliert Purinnukleoside zu Nukleotidmonophos-phaten. Die klinische Symptomatik dieser Patienten ist sehr variabel. Möglich sind Hepatopathien und Myopathien.  Weitere sehr seltene nukleäre Mutationen betreffen die Gene SUCLA-2 (Enzephalomyopathie mit erhöhter Methylmalonsäure), MPV 17 (Leberversagen), RRM2B (Enzephalopathie, muskulärer Hypotonie, respiratorische Insuffizienz, Laktatazidose).

 

4.  Störungen des Lipidmilieus / Barth-Syndrom
Das Barth-Syndrom wird hervorgerufen durch eine Mutation im Taffazin-Gen, einem an der Synthese von Phospholipiden beteiligten Enzym. Phospholipide stellen in Form von Cardiolipin einen wesentlichen Teil der mitochondrialen Lipidmembranen, so dass Defekte von Cardiolipin sekundär zu Problemen bei der Einlagerung der Atmungskettenkomplexe in die Mitochondrienmembranen und damit zu Störungen der oxidativen Phosphorylierung führen. Die Vererbung erfolgt X-chromosomal. Klinisch äußert sich das Barth-Syndrom mit Kardiomyopathie, Skelettmuskelschwäche, Neutropenie, mentaler Retardierung und Minderwuchs. 

 

5.  Mitochondriale Biogenese (Fusion, Teilung, Transport)
Eine Reihe von nukleär kodierten Proteinen ist an der Teilung, Motilität (z.B. entlang von Axonen) und Fusion von Mitochondrien beteiligt. Störungen dieser Funktionen führen ebenfalls zu mitochondrialen Defekten mit oft unerwartetem Phänotyp.

Charcot-Marie-Tooth (CMT) 2a
Die CMT 2a wird in den meisten Fällen durch eine Mutation im Mitofusin-2 (MFN-2) Gen ausgelöst. MFN-2 ist ein Protein der äußeren Mitochondrienmembran und spielt eine Rolle in der Fusion benachbarter Mitochondrienmembranen. Klinisch zeigt sich eine axonale sensomotorische Polyneuropathie. Zusätzliche Symptome wie z. B. Pyramidenbahnzeichen, Optikusatrophie und eine kognitive Einschränkung wurden ebenfalls beschrieben.

OPA-1
Wichtige Funktionen von OPA-1 sind die Fusion von Mitochondrien sowie die Bildung der mitochondrialen Cristae. Mutationen im OPA-1 Gen führen zu einer autosomal-dominant vererbten symmetrischen Optikusatrophie, die sich meist mit zentralen Skotomen manifestiert und eine Differentialdiagnose zur Leberschen hereditären Optikusneuropathie darstellt.